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Manfred Herok  2014

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2. Spinoza                                                                                         <  Descartes

Cartesius' Philosophie hat sehr viele unspekulative Wendungen genommen;
an ihn schließt sich unmittelbar an Spinoza, der zur ganzen Konsequenz durchgedrungen.
Er hat vornehmlich die Cartesianische Philosophie studiert, in seiner Terminologie gesprochen; die erste Schrift des Spinoza sind: Grundsätze des Cartesius.
Die Spinozistische Philosophie verhält sich zur Philosophie des Descartes nur als eine konsequente Ausführung, Durchführung dieses Prinzips.
- Ihm hören Seele und Leib, Denken und Sein auf, Besondere,
jedes ein für sich seiendes Ding zu sein.
Den Dualismus, der im Cartesischen System vorhanden ist, hob Benedikt Spinoza vollends auf, - als ein Jude.
Diese tiefe Einheit seiner Philosophie, wie sie in Europa sich ausgesprochen, der Geist, Unendliches und Endliches identisch in Gott, nicht als einem Dritten, ist ein Nachklang des Morgenlandes.
Die morgenländische Anschauung der absoluten Identität ist der europäischen Denkweise und näher dem europäischen, Cartesianischen Philosophieren unmittelbar nähergebracht, darein eingeführt worden.

Zunächst sind jedoch die Lebensumstände des Spinoza zu betrachten. Er ist aus einer portugiesisch-jüdischen Familie im Jahre 1632 zu Amsterdam geboren und hieß mit Vornamen Baruch, den er jedoch in Benedikt verwandelte. Er erhielt in seiner Jugend Unterricht von den Rabbinern. Früh jedoch bekam er schon Händel mit den Rabbinern der Synagoge, zu der er gehörte; sie wurden erbittert, weil er sich gegen die talmudistischen Träumereien erklärte. Er blieb beizeiten aus der Synagoge hinweg.
Die Rabbiner fürchteten, sein Beispiel werde böse Folgen haben; sie boten ihm 1000 Gulden zum Jahrgehalt, wenn er ihr beiwohnen und ruhig bleiben wollte. Er schlug es aus.
Ihre Verfolgungen gingen späterhin so weit, daß sie ihn durch Meuchelmord aus dem Wege zu räumen bedacht waren, und kaum entging er dem auf ihn gezückten Dolche.
Er verließ sodann die jüdische Gemeinde förmlich, ohne jedoch zur christlichen Kirche überzutreten.
Er legte sich nun besonders auf die lateinische Sprache, studierte Cartesius und gab auch eine Darstellung von dessen System, "erwiesen nach geometrischer Methode", heraus, die unter seinen Werken ist. Später schrieb er seinen Tractatus theologico-politicus; dadurch erwarb er sich eine große Zelebrität.18)
Es ist darin die Lehre von der Inspiration, eine kritische Behandlung der mosaischen Bücher und dergleichen, besonders aus dem Gesichtspunkte, daß diese Gesetze sich auf die Juden beschränken. Was spätere christliche Theologen hierüber Kritisches geschrieben haben, wodurch gewöhnlich gezeigt werden soll, daß diese Bücher erst später redigiert worden und zum Teil jünger sind als die babylonische Gefangenschaft - ein Hauptkapitel für die protestantischen Theologen, womit die neueren sich vor den älteren auszeichnen und viel Prunk getrieben haben -, dies alles findet sich schon in dieser Schrift Spinozas.

Dieser ging später nach Rynsburg bei Leyden und lebte sehr geachtet von vielen Freunden, aber ruhig, von 1664 an, zuerst in Voorburg, einem Dorfe beim Haag, dann im Haag selber, fort und ernährte sich selbst durch Verfertigung optischer Gläser; das Licht beschäftigte ihn.
Er lebte dürftig; er hatte Freunde, auch mächtige Protektoren; er schlug mehrere große Geschenke, die ihm reiche Freunde (auch Feldherren) anboten, aus. Er verbat es sich, als ihn Simon von Vries zum Erben einsetzen wollte, nahm ein Jahrgehalt von 300 Fl. von ihm an, ließ sein väterliches Erbteil seinen Schwestern. Vom Kurfürsten von der Pfalz, Karl Ludwig, der höchst edel und frei von den Vorurteilen seiner Zeit, wurde er auch zur Professur nach Heidelberg gerufen, wobei er die Freiheit haben solle zu lehren und zu schreiben, indem
"der Fürst glaube, daß er sie nicht mißbrauchen werde, die öffentlich festgesetzte Religion zu beunruhigen".
Spinoza (in seinen gedruckten Briefen) lehnte dieses Anerbieten aber mit gutem Vorbedacht ab, weil er nicht wisse, in welche Grenze jene philosophische Freiheit eingeschlossen werden müsse, daß er nicht scheine, die öffentlich festgesetzte Religion zu verunruhigen.19)
Er blieb in Holland, einem für die allgemeine Bildung höchst interessanten Lande, das zuerst in Europa das Beispiel einer allgemeinen Duldung gab und vielen Individuen einen Zufluchtsort der Denkfreiheit gewährte; so gehässig auch die dortigen Theologen, z. B. gegen Bekker, Voetius gegen die Cartesianische Philosophie wüteten, hatte dies doch nicht die Konsequenz, die es in einem anderen Lande würde gehabt haben.

Er starb den 21. Februar 1677 im 44. Jahre seines Alters an der Schwindsucht, an der er lange gelitten, - übereinstimmend mit seinem Systeme, in dem auch alle Besonderheit und Einzelheit in der einen Substanz verschwindet. - Sein Hauptwerk, die Ethik, kam erst nach seinem Tode heraus durch Ludwig Mayer, einen Arzt, den vertrautesten Freund des Spinoza.
Sie besteht aus fünf Teilen:
der erste handelt von Gott (De Deo);
der zweite von der Natur und dem Ursprunge des Geistes (De natura et origine mentis).
Er behandelt so nicht die Natur, - Ausdehnung und Bewegung, sondern geht von Gott gleich zum Geiste über, zur ethischen Seite.
Das dritte Buch handelt von den Affekten und Leidenschaften (De origine et natura affectuum);
das vierte von den Kräften derselben oder der menschlichen Knechtschaft (De servitute humana s. de affectuum viribus);
endlich das fünfte von der Macht des Verstandes, dem Denken, oder von der menschlichen Freiheit
(De potentia intellectus s. de libertate humana).
Kirchenrat Professor Paulus gab seine Werke in Jena heraus; ich habe auch Anteil an dieser Ausgabe durch Vergleichung von französischen Übersetzungen.
- So großen Haß sich Spinoza bei seinen Rabbinern zugezogen, so noch größeren bei den christlichen, besonders protestantischen Theologen, zunächst durch seine Schrift Tractatus theologico-politicus, am meisten aber durch seine Philosophie, die wir nun näher zu betrachten haben.
Ein protestantischer Geistlicher, Colerus, gab eine Lebensbeschreibung Spinozas heraus;
er eifert zwar stark gegen ihn, gibt aber recht genaue und gutmütige Nachrichten von seinen Verhältnissen: wie er nur an 200 Taler hinterlassen, was für Schulden er gehabt habe usw. Beim Inventarium fordert der Barbier noch rückständige Bezahlung vom "wohlseligen" Herrn Spinoza. Der Prediger skandalisiert sich darüber, macht zu dieser Rechnung die Anmerkung: "Hätte er gewußt, was es für eine Frucht war, er würde ihn wohl nicht wohlselig genannt haben."20) Unter Spinozas Porträt setzt er: Signum reprobationis in vultu gerens; - der düstre Zug eines tiefen Denkers, sonst mild und wohlwollend: reprobationis allerdings, - aber nicht einer passiven, sondern aktiven Mißbilligung der Meinungen, der Irrtümer und der gedankenlosen Leidenschaften der Menschen.

Was sein System anbetrifft, so ist es sehr einfach und im ganzen leicht zu fassen.
Eine Schwierigkeit dabei liegt zum Teil in der Methode, in der verschränkten Methode,
in der er seine Gedanken vorträgt, und in dem Beschränkten der Ansicht, wodurch er über Hauptgesichtspunkte, Hauptfragen unbefriedigend vorübergeht.

Spinozas Philosophie ist die Objektivierung der Cartesianischen, in der Form der absoluten Wahrheit.
Der einfache Gedanke des Spinozistischen Idealismus ist: Was wahr ist, ist schlechthin nur die eine Substanz, deren Attribute Denken und Ausdehnung (Natur) sind; und nur diese absolute Einheit ist wirklich, ist die Wirklichkeit, - nur sie ist Gott. Es ist wie bei Descartes die Einheit des Denkens und Seins oder das, was den Begriff seiner Existenz in sich selbst enthält. Cartesius' Substanz, Idee, hat wohl das Sein selbst in ihrem Begriffe, aber es ist nur das Sein als abstraktes Sein, nicht Sein als reales Sein oder als Ausdehnung, sondern Körperlichkeiten, anderes als die Substanz, kein Modus derselben. Ebenso ist Ich, das Denkende, für sich, auch ein selbständiges Wesen. Diese Selbständigkeit der beiden Extreme hebt sich im Spinozismus auf, und sie werden zu Momenten des einen absoluten Wesens.
- Wir sehen, daß es in diesem Ausdruck darauf ankommt, das Sein als die Einheit von Gegensätzen zu fassen. Es ist Hauptinteresse, nicht den Gegensatz wegzulassen; er soll nicht mehr auf die Seite gestellt werden, - die Vermittlung, die Auflösung des Gegensatzes ist die Hauptsache. Der Gegensatz ist nicht in der Abstraktion von Endlichem und Unendlichem, Grenze und Unbegrenztem gesetzt, sondern Denken und Ausdehnung. Wir sagen nicht "Sein", denn es ist Abstraktion, die nur im Denken ist. Denken ist Rückkehr in sich, einfaches Gleichsein mit sich selbst; das ist aber das Sein überhaupt, - ihre Einheit aufzuzeigen, ist also nicht schwierig. Sein, bestimmter genommen, ist Ausdehnung.

Beurteilung der Spinozistischen Philosophie.
α) Man wirft dem Spinozismus vor, er sei Atheismus:
Gott und Natur (Welt) ist eins, beide sind nicht geschieden; er mache die Natur zum wirklichen Gott oder Gott zur Natur, so daß Gott verschwinde und nur Natur gesetzt werde.
Vielmehr setzt Spinoza nicht Gott und Natur einander gegenüber, sondern Denken und Ausdehnung; und Gott ist die Einheit, die absolute Substanz, in welcher vielmehr die Welt,
die Natur untergegangen, verschwunden ist.
Die Gegner des Spinoza tun, als ob sie sich Gott angelegen sein ließen, als ob es ihnen um ihn zu tun wäre. Den Leuten, die gegen Spinoza sprechen, ist es aber nicht um Gott, sondern vielmehr um Endliches zu tun, um sich selbst.
Von Gott und vom Endlichen (wir) gibt es dreierlei Verhältnisse:
1. Das Endliche ist und ebenso nur wir sind, und Gott ist nicht; das ist Atheismus.
So ist das Endliche absolut genommen, es ist das Substantielle; Gott ist dann nicht.
2. Es ist nur Gott, das Endliche ist wahrhaft nicht, nur Phänomen, Schein.
3. Gott ist, und wir sind auch; das ist schlechte, synthetische Vereinigung, das ist Vergleich der Billigkeit. Jede Seite ist so substantiell als die andere, das ist die Weise der Vorstellung: Gott hat Ehre, ist drüben; und ebenso haben die endlichen Dinge Sein.
Die Vernunft kann bei solchem auch, solcher Gleichgültigkeit nicht stehenbleiben.
Das philosophische Bedürfnis ist daher, die Einheit dieser Unterschiede zu fassen, so daß der Unterschied nicht weggelassen werde, sondern daß er ewig aus der Substanz hervorgehe, aber nicht zum Dualismus versteinert werde. Spinoza ist über diesen Dualismus erhaben; ebenso ist es die Religion, wenn wir die Vorstellungen in Gedanken umsetzen. Von den beiden ersten Verhältnissen ist das erste Atheismus, wenn die Menschen die Willkür des Willens, ihre Eitelkeit, die endlichen Naturdinge als das Letzte setzen. Dieses ist nicht Spinozas Standpunkt: Gott ist nur die eine Substanz; die Natur, die Welt ist nach einem Ausdruck des Spinoza nur Affektion, Modus der Substanz, nicht Substantielles. Der Spinozismus ist also Akosmismus. Das Weltwesen, das endliche Wesen, das Universum, die Endlichkeit ist nicht das Substantielle, - vielmehr nur Gott. Das Gegenteil von alledem ist wahr, was die behaupten, die ihm Atheismus Schuld geben; bei ihm ist zu viel Gott.
"Ist Gott die Identität des Geistes und der Natur, so ist also die Natur, das menschliche Individuum Gott." Ganz richtig! Sie vergessen aber, daß sie eben darin aufgehoben sind, - können nicht vergessen, daß sie nichts sind. Die, welche Spinoza so verschwärzen, wollen also nicht Gott, sondern das Endliche, die Welt, erhalten haben; sie nehmen es übel, daß dieses nicht als Substantielles gelten darf, - ihren Untergang nehmen sie übel.

β) Zweitens: demonstrative Methode. Sie gehört der Weise des verständigen Erkennens an.
Es ist die geometrische Methode: Axiome, Erklärungen, Theoreme, Definitionen kommen vor. In neueren Zeiten (Jacobi) stellte man auf, daß alle Demonstration, wissenschaftliches Erkennen auf Spinozismus führe, er sei allein die konsequente Weise des Denkens;
es müsse dahin führen, deswegen tauge es überhaupt nicht, nur das unmittelbare Wissen.
Jacobi nimmt Spinozismus auch als Atheismus, weil er darauf sieht, daß Gott nicht von der Welt unterschieden ist.21)
Aber sagt man dies, so bleibt die Welt in der Vorstellung perennierend; bei Spinoza perenniert aber die Welt nicht. Man kann zugeben, daß Demonstration auf Spinozismus führe, wenn darunter nur die Weise des verständigen Erkennens verstanden wird.
Spinoza ist Hauptpunkt der modernen Philosophie: entweder Spinozismus oder keine Philosophie. Spinoza hat den großen Satz: Alle Bestimmung ist eine Negation.22)
Das Bestimmte ist das Endliche; nun kann von allem, auch vom Denken (im Gegensatz zur Ausdehnung) gezeigt werden, daß es ein Bestimmtes ist, also Negation in sich schließt; sein Wesentliches beruht auf Negation. Weil Gott nur das Positive, Affirmative ist, so ist alles andere nur Modifikation, nicht an und für sich Seiendes; so ist nur Gott die Substanz.
So hat Jacobi recht. Die einfache Determination, Bestimmung (Negation gehört zur Form) ist ein Anderes gegen die absolute Bestimmtheit, Negativität, Form.
Die wahrhafte Affirmation ist die Negation der Form; das ist die absolute Form.
Der Gang Spinozas ist richtig; doch ist der einzelne Satz falsch, indem er nur eine Seite der Negation ausdrückt. Nach der andern Seite ist die Negation Negation der Negation und dadurch Affirmation.

γ) Das Prinzip der Subjektivität, Individualität, Persönlichkeit findet sich dann nicht im Spinozismus, weil die Negation nur so einseitig aufgefaßt wurde. Das Bewußtsein, die Religion empört sich dagegen.
Das Leibnizische Prinzip der Individuation (in den Monaden) integrierte Spinoza.
Der Verstand hat Bestimmungen, die sich nicht widersprechen.
Die Negation ist einfache Bestimmtheit.
Die Negation der Negation ist Widerspruch, sie negiert die Negation; so ist sie Affirmation, ebenso ist sie aber auch Negation überhaupt.
Diesen Widerspruch kann der Verstand nicht aushalten; er ist das Vernünftige.
Dieser Punkt fehlt dem Spinoza, und das ist sein Mangel. Spinozas System ist der in den Gedanken erhobene absolute Pantheismus und Monotheismus.
Die absolute Substanz des Spinoza ist nichts Endliches, natürliche Welt.
Dieser Gedanke, diese Anschauung ist der letzte Grund, die Identität von Ausdehnung und Gedanke.
Wir haben vor uns zwei Bestimmungen, das Allgemeine, das an und für sich Seiende, und zweitens die Bestimmung des Besonderen und Einzelnen, die Individualität.
Nun ist von dem Besonderen, dem Einzelnen nicht schwer aufzuzeigen, daß es ein Beschränktes überhaupt ist, daß sein Begriff überhaupt von einem Anderen abhängt, daß es abhängig ist, nicht wahrhaft für sich selbst existierend, so nicht wahrhaft wirklich. In Rücksicht des Bestimmten hat Spinoza so den Satz aufgestellt: Omnis determinatio est negatio;
also ist nur das Nichtbesonderte, das Allgemeine wahrhaft wirklich, ist nur substantiell.
Die Seele, der Geist ist ein einzelnes Ding, ist als solches beschränkt; das, wonach er ein einzelnes Ding ist, ist eine Negation, und er hat so nicht wahrhafte Wirklichkeit.
Die einfache Einheit des Denkens bei sich selbst sprach er nämlich als die absolute Substanz aus.

Dies ist im ganzen die Spinozistische Idee. Es ist dasselbe, was bei den Eleaten das ον.
Es ist die morgenländische Anschauung, die sich mit Spinoza zuerst im Abendlande ausgesprochen hat.
Im allgemeinen ist darüber zu bemerken, daß das Denken sich auf den Standpunkt des Spinozismus gestellt haben muß; das ist der wesentliche Anfang alles Philosophierens.
Wenn man anfängt zu philosophieren, so muß man zuerst Spinozist sein.
Die Seele muß sich baden in diesem Äther der einen Substanz, in der alles, was man für wahr gehalten hat, untergegangen ist. Es ist diese Negation alles Besonderen, zu der jeder Philosoph gekommen sein muß; es ist die Befreiung des Geistes und seine absolute Grundlage.
Der Unterschied von der eleatischen Philosophie ist nur dieser, daß durch das Christentum in der modernen Welt im Geiste durchaus die konkrete Individualität vorhanden ist. Bei dieser unendlichen Forderung des ganz Konkreten ist nun aber die Substanz nicht bestimmt als konkret in sich.
Da das Konkrete so nicht im Inhalt der Substanz ist, so fällt es hiermit nur in das reflektierende Denken; und erst aus den unendlichen Gegensätzen des letzteren resultiert eben jene Einheit. Von der Substanz als solcher ist nichts mehr anzugeben; es kann nur von dem Philosophieren über sie und den in ihr aufgehobenen Gegensätzen gesprochen werden.
Das Unterscheidende fällt nur darein, von welcher Art die Gegensätze seien, die in ihr aufgehoben werden. Bewiesen hat Spinoza dies bei weitem nicht sosehr, als es die Alten zu tun bemüht gewesen sind.

Diese Spinozistische Idee ist als wahrhaft, als begründet zuzugeben.
Die absolute Substanz ist das Wahre, aber sie ist noch nicht das ganze Wahre;
sie muß auch als in sich tätig, lebendig gedacht werden und eben dadurch sich als Geist bestimmen. Die Spinozistische Substanz ist die allgemeine und so die abstrakte Bestimmung; man kann sagen, es ist die Grundlage des Geistes, aber nicht als der absolut unten festbleibende Grund, sondern als die abstrakte Einheit, die der Geist in sich selbst ist.
Wird nun bei dieser Substanz stehengeblieben, so kommt es zu keiner Entwicklung, zu keiner Geistigkeit, Tätigkeit. Seine Philosophie ist nur starre Substanz, noch nicht Geist; man ist nicht bei sich.
Gott ist hier nicht Geist, weil er nicht der dreieinige ist.
Die Substanz bleibt in der Starrheit, Versteinerung, ohne Böhmesches Quellen.
Die einzelnen Bestimmungen in Form von Verstandesbestimmungen sind keine Böhmeschen Quellgeister, die ineinander arbeiten und aufgehen (s. S. 103 ff.). In die eine Substanz gehen alle Unterschiede und Bestimmungen der Dinge und des Bewußtseins nur zurück; so, kann man sagen, wird im Spinozistischen System alles nur in diesen Abgrund der Vernichtung hineingeworfen.
Aber es kommt nichts heraus; und das Besondere, wovon er spricht, wird nur vorgefunden, aufgenommen aus der Vorstellung, ohne daß es gerechtfertigt wäre. Sollte es gerechtfertigt sein, so müßte Spinoza es deduzieren, ableiten aus seiner Substanz; sie schließt sich nicht auf, das wäre die Lebendigkeit, Geistigkeit. Was diesem Besonderen nun widerfährt, ist, daß es nur Modifikation der absoluten Substanz ist, nichts Wirkliches an ihm selbst sei; die Operation an ihm ist nur die, es von seiner Bestimmung, Besonderung zu entkleiden, es in die eine absolute Substanz zurückzuwerfen. Dies ist das Unbefriedigende bei Spinoza.
Der Unterschied ist äußerlich vorhanden, bleibt äußerlich, man begreift nichts davon.
Bei Leibniz werden wir das Entgegengesetzte, die Individualität zum Prinzip gemacht sehen, so daß das Spinozistische System so äußerlich integriert ist durch Leibniz.
Es ist das Großartige der Denkungsart des Spinoza, auf alles Bestimmte, Besondere verzichten zu können und sich nur zu verhalten zu dem Einen, nur dies achten zu können; es ist ein großartiger Gedanke, der aber nur die Grundlage aller wahrhaften Ansicht sein muß.
Denn es ist starre Bewegungslosigkeit, deren einzige Tätigkeit ist, alles in den Abgrund der Substanz zu werfen, in dem alles nur dahinschwindet, alles Leben in sich selbst verkommt; Spinoza ist selbst an der Schwindsucht gestorben. - Dies ist das Allgemeine.

Einige nähere Bestimmungen sind noch zu erwähnen. Die Methode, welche Spinoza zur Darstellung seiner Philosophie gebraucht, ist, wie bei Cartesius, die geometrische, die des Euklides, die man um der mathematischen Evidenz willen für die vorzüglichste hält, die aber, für spekulativen Inhalt unbrauchbar, nur bei endlichen Verstandeswissenschaften an ihrem Orte ist. Es scheint nur Mangel der äußerlichen Form, ist aber Grundmangel. Spinoza geht in seiner mathematisch demonstrativen Methode von Definitionen aus; diese betreffen allgemeine Bestimmungen. Und diese sind geradezu aufgenommen, vorausgesetzt, nicht abgeleitet; er weiß nicht, wie er dazu kommt. Die wesentlichen Momente des Systems sind in dem Vorausgeschickten der Definitionen schon vollendet enthalten, auf die alle ferneren Beweise nur zurückzuführen sind.
Aber woher diese Kategorien, welche hier als Definitionen auftreten?
Die finden wir in uns, in der wissenschaftlichen Bildung. Es wird also nicht aus der unendlichen Substanz entwickelt, daß es Verstand, Willen, Ausdehnung gibt, sondern es wird geradezu in diesen Bestimmungen gesprochen. Und das ganz natürlich; denn es ist ja das Eine, wohinein alles geht, um darin zu verschwinden, aus dem aber nichts herauskommt. 

1. Spinoza fängt [in der Ethik] mit Definitionen an; es ist daraus folgendes zu nehmen.    >>>

 

18) Collectanea de vita B. de Spinoza (addita Operibus, ed. Paulus, Jena 1802-1803, T. II), p. 593-604, 632-640

19) Collectanea de vita B. de Spinoza (addita Operibus, ed. Paulus, Jena 1802-1803, T. II), p. 612-628; Spinoza, Epistolae, LIII, LIV (Opera, ed. Paulus, T. I), p. 638-640

20) Spinoza, Epistolae, LIII, LIV (Opera, ed. Paulus, T. I), p. 642-665

21) Jakobi, Werke, Bd. IV, Abt. 1, S. 55, 90, 216-223

22) Spinoza, Epistolae, L (T. I), p. 634

 

 

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Spinoza

Baruch de Spinoza
 
* 24. November 1632    -Amsterdam;
† 21. Februar 1677  Den Haag;
 - Philosoph
   mit sephardischen          Vorfahren.
>>>

 

Spinoza ist Hauptpunkt der modernen Philosophie: entweder Spinozismus oder keine Philosophie. Spinoza hat den großen Satz: Alle Bestimmung ist eine Negation       >>>

Es ist das Großartige der Denkungsart des Spinoza, auf alles Bestimmte, Besondere verzichten zu können und sich nur zu verhalten zu dem Einen, nur dies achten zu können; es ist ein großartiger Gedanke, der aber nur die Grundlage aller wahrhaften Ansicht sein muß.   >>>

Der Mangel des Spinoza ist, daß er das Dritte nur als Modus faßt,
als schlechte Einzelheit.
Die wahrhafte Einzelheit, Individualität, wahrhafte Subjektivität ist nicht nur Entfernung vom Allgemeinen, das schlechthin Bestimmte; sondern es ist, als schlechthin bestimmt, das Fürsichseiende, nur sich selbst Bestimmende.   >>>

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