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Manfred Herok  2014

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3. Populärphilosophie

Die Wolffische Philosophie hat nichts bedurft, als ihre steife Form abzuschütteln, so ist der Inhalt die spätere Populärphilosophie.
Sie redet unserem gewöhnlichen Bewußtsein zu Munde, legt es als den letzten Maßstab an.
Bei Spinoza haben wir auch gesehen, daß von Definitionen angefangen wird; sie sind auch vorausgesetzt. Aber der Inhalt bei Spinoza ist tiefer spekulativer Natur; er wird nicht aus dem gewöhnlichen Bewußtsein genommen. Bei Spinoza ist das Denken nicht bloß die Form, sondern der Inhalt gehört dem Denken selbst an; es ist Inhalt des Gedankens in sich. Bei dem spekulativen Inhalt befriedigt sich das Denken für sich, der Inhalt rechtfertigt sich dem Denken sogleich in sich; er ist in sich Totalität, so hat er für den Instinkt der Vernunft Befriedigung. Ist der Inhalt aber endlich, so weist er auf die Forderung eines Grundes hin.
Der Inhalt ist bei Spinoza grundlos, hat keinen äußeren Grund; er ist in sich Grund. Bei endlichem Inhalt wollen wir anderen Grund als dieses Endliche; der spekulative Inhalt ist an sich selbst integriert.
- Ihrem Gehalt nach ist die Wolffische Philosophie also schon Populärphilosophie, wenn sie der Form nach das Denken gelten läßt. Die Wolffische Philosophie hat bis auf Kant geherrscht. Baumgarten, Crusius, Mendelssohn sind einzelne Bearbeiter der Wolffischen Philosophie; der letzte hat in populärerer, geschmackvollerer Form philosophiert.

Die Gestaltungen der Philosophie, die wir betrachtet haben, haben den Charakter, Metaphysik zu sein,
von allgemeinen Verstandesbestimmungen auszugehen, damit aber zu verbinden Erfahrung, Beobachtung, überhaupt die empirische Weise. Bei dieser Metaphysik ist die eine Seite die, daß die Gegensätze des Gedankens zum Bewußtsein gebracht und das Interesse auf die Auflösung des Widerspruchs gerichtet ist. Denken und Sein (Ausdehnung), Gott und die Welt, Gutes und Böses, Gottes Macht, Präszienz, und das Übel in der Welt und die menschliche Freiheit, diese Widersprüche, die Gegensätze von Seele und Geist, von vorgestellten und materiellen Dingen und die gegenseitige Beziehung derselben haben das Interesse beschäftigt. Die Auflösung dieser Gegensätze und Widersprüche ist noch zu geben, und diese Auflösung ist gesetzt in Gott; Gott ist also das, in dem alle diese Gegensätze aufgelöst sind.
Dies ist das Gemeinschaftliche aller dieser Philosophien nach der Hauptseite.
Dabei ist zu bemerken, daß diese Gegensätze nicht an ihnen selbst aufgelöst sind, d. h. daß die Nichtigkeit der Voraussetzung nicht an ihr selbst aufgezeigt ist und damit eine wahrhaft konkrete Auflösung nicht zustande gekommen ist. Wenn auch Gott anerkannt wird als alle Widersprüche auflösend, so ist dann Gott und die Auflösung jener Widersprüche mehr genannt als gefaßt und begriffen worden.
Gott, wenn er gefaßt wird nach seinen Eigenschaften, Präszienz, Allgegenwart, Allwissenheit usf., wenn die Eigenschaften Gottes, Macht, Weisheit, Güte, Gerechtigkeit usf., als Eigenschaften Gottes selbst betrachtet werden, so führen sie selbst auf Widersprüche; und diese Widersprüche hat Leibniz so aufzuheben gesucht, daß er sagt, sie temperieren einander, - sie sind so zusammengestellt, daß sie einander aufheben.
Dies ist aber kein Fassen solcher Widersprüche.

Diese Metaphysik kontrastiert sehr mit der alten Philosophie, Platon, Aristoteles.
Zur alten Philosophie können wir immer wieder zurückkehren, sie anerkennen; sie ist befriedigend auf ihrer Stufe der Entwicklung, - ein konkreter Mittelpunkt, der der Aufgabe des Denkens, wie sie gefaßt ist, Genüge leistet. In dieser modernen Metaphysik sind die Gegensätze zu absoluten Widersprüchen entwickelt. Es ist zwar auch ihre absolute Auflösung angegeben, Gott; diese Auflösung bleibt aber abstrakt, jenseits stehen. Diesseits bleiben alle Widersprüche ihrem Inhalte nach unaufgelöst. Gott ist nicht gefaßt als der,
in dem die Widersprüche sich ewig auflösen; er ist nicht gefaßt als Geist, als der Dreieinige.
Nur in ihm als Geist und dreieiniger Geist ist dieser Gegensatz seiner selbst und seines Anderen, des Sohnes, in ihm selbst enthalten und auch damit die Auflösung. Diese konkrete Idee von Gott, als der Vernunft, ist noch nicht in die Philosophie aufgenommen; die Auflösung der Widersprüche ist nur eine jenseitige. 

Um nun jetzt zu den philosophischen Bestrebungen anderer Völker einen Rückblick zu tun, so wenden wir uns zum Fortgang der Philosophie. Auf diese dürre Verstandesphilosophie sehen wir wieder, wie ehemals, den Skeptizismus eintreten, aber eigentlich in der Form des Idealismus, nämlich daß die Bestimmungen subjektive des Selbstbewußtseins sind.
- Wir haben das Denken gesehen; jetzt sehen wir den Begriff eintreten. Das Denken ist die unbewegte Form der Einfachheit. Bei den Stoikern gilt die Bestimmtheit als gedachte.
Hier in der modernen Zeit haben wir dieselbe Erscheinung, nur daß ihr das Bild oder das innere Bewußtsein der Totalität vorschwebt, der absolute Geist, den die Welt als ihre Wahrheit vor sich hat und auf dessen Begriff sie geht, - eine andere innere Grundlage, ein anderes Ansich des Geistes, das er herauszugebären bestrebt ist, aus sich und für sich, so daß es ein Begreifen desselben ist, oder mit der Gewißheit, alle Realität zu sein, die Vernunft.
Bei den Alten hatte die Vernunft (λόγος), als Insich- und Fürsichsein des Bewußtseins, nur die ätherische formelle Existenz als Sprache, - hier aber die Gewißheit als seiende Substanz; daher bei Cartesius die Einheit des Begriffs und Seins, ebenso bei Spinoza die allgemeine Realität.
- Das Hervortreten des Begriffs der Bewegung der fixen Gedanken an ihnen selbst ist dies, daß die Bewegung, die nur als Methode außer ihrem Gegenstande fällt, an ihn selbst komme oder das Selbstbewußtsein in den Gedanken komme. Gedanke ist das Ansichsein ohne Fürsichsein, eine gegenständliche Weise, nicht wie ein sinnliches Ding, aber ein anderes als die Wirklichkeit des Selbstbewußtseins.

Dieser Begriff, den wir jetzt in das Denken eintreten sehen, hat die dreierlei Formen: α) als einzelnes Selbstbewußtsein, die formale Vorstellung überhaupt; β) als allgemeines Selbstbewußtsein, das sich an alle Gegenstände wendet, es seien Gedachte, bestimmte Begriffe, oder sie haben die Form der Wirklichkeit, - an das überhaupt im Gedanken Festgesetzte, an die intellektuelle Welt mit dem Reichtum ihrer Bestimmungen, die als ein Jenseits gilt, oder die intellektuelle Welt, insofern sie ihre Verwirklichung, die diesseitige Welt ist; γ) in diesen beiden Weisen ist nur der wirkliche Begriff vorhanden, nicht der in den Gedanken zurückgenommene, oder der sich selbst denkende oder gedachte Begriff. Jenes ist ein begreifendes Denken, dies der Begriff selbst als Wesen erkannt, - Idealismus.
Diese drei Seiten verteilen sich wieder wie bisher an die drei Nationen, die in der gebildeten Welt allein zählen. Den Engländern kommt die empirische, ganz endliche Form desselben zu; den Franzosen die Form desselben als sich an allem versuchend, sich in seine Realität setzend, alle Bestimmung aufhebend, und darum allgemeines unbeschränktes reines Selbstbewußtsein; den Deutschen wieder das Insichgehen dieses Insichseins, das Denken des absoluten Begriffs.

 

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