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Sokrates
2. Prinzip des Guten [1/2/3]


Das zweite ist, daß, indem Sokrates bei der Unbestimmtheit des Guten bleibt, die Bestimmtheit die nähere Bedeutung hat, daß sie das Besondere ausdrückt, das Bestimmen sich auf das besondere Gute bezieht.
Da tritt denn ein, daß das Allgemeine nur resultiert aus der Negation des besonderen Guten; dies besondere Gute nun aber sind die besonderen Gesetze, Gesetze als geltende Gesetze, - das Sittliche überhaupt, das, was zur griechischen Zeit als Sitte war. Wenn nun der Gedanke, die Reflexion des Gedankens auf das Allgemeine dringt, so kann dies nicht anders geschehen, als daß das Besondere in seiner Beschränkung aufgezeigt und wankend gemacht wird. Dies ist eine richtige, aber gefährliche Seite.
Das denkende Bewußtsein, die Reflexion weiß von allem Besonderen seine Mängel aufzuzeigen; so gilt es nicht als fest, seine Festigkeit wird erschüttert. An sich ist eine Inkonsequenz darin, Beschränktes als ein Absolutes gelten zu lassen; aber sie wird von dem sittlichen Menschen bewußtlos verbessert, und diese Verbesserung liegt in dem Sittlichen des Subjekts, in dem Ganzen des Zusammenlebens.
Es kann zwar Extreme von Kollisionen geben, die unglücklich sind; sie sind aber ungewöhnlich seltene Fälle.
Ein Beispiel aus dem Xenophon wird näher erläutern, wie durch das Denken, das das Allgemeine nur in Form des Allgemeinen festhalten will, das Besondere ins Schwanken gerät.

Wenn nun das gewußte Allgemeine, das Wahre und Gute das Höchste ist, so liegt darin, daß das Besondere dagegen nicht ein Geltendes ist. Daß sich das Besondere als mangelhaft zeigte, haben wir schon aus der Dialektik kennengelernt, in der das Beschränkte sich aufhob; aber auch das Allgemeine, das abstrakte Ansich, ist nicht das Geltende. Beide Seiten des Allgemeinen, die positive und negative, finden wir verbunden vorgestellt in Xenophons Memorabilien. Dies Werk hat den Zweck, Sokrates zu rechtfertigen, und er hat ihn uns viel genauer und getreuer geschildert als Platon.
Im vierten Buche (2, § 40) will Xenophon zeigen, wie Sokrates teils die Jünglinge an sich gezogen und zur Erkenntnis gebracht habe, daß sie der Bildung bedürften - hiervon haben wir schon gesprochen -, teils aber erzählt er auch, wie Sokrates sie auch wirklich selbst gebildet habe und was sie in seinem Umgange gelernt haben, in welchem "er sie dann nicht mehr durch Spitzfindigkeiten verwirrte (quälte), sondern ihnen das Gute aufs Deutlichste und Offenste (Unzweideutigste) lehrte"; er zeigte ihnen das Gute und Wahre in dem Bestimmten, in das er zurückging, da er es nicht bei dem bloß Abstrakten bewenden lassen wollte.

α) Von dem Letzteren gibt Xenophon ein Beispiel an einer Unterredung mit dem Sophisten Hippias. Sokrates behauptet da, führt dies aus, daß der Gerechte der sei, welcher den Gesetzen gehorche, und diese Gesetze seien göttliche Gesetze. Xenophon läßt den Hippias dagegen sprechen, wie Sokrates es für an sich absolut erklären könne, den Gesetzen zu gehorchen, da das Volk doch und die Regenten sie oft selbst auch mißbilligen, indem sie sie ändern; dies setze voraus, daß sie nicht absolut seien. Sokrates antwortet, ob denn diejenigen, welche Krieg führen, nicht auch wieder Frieden machen - und so den Krieg mißbilligen, also das, was sie gewollt haben, wieder aufheben, es für nichts an sich Seiendes erklären -, und spricht überhaupt davon, daß dies der beste und glücklichste Staat sei, wo die Bürger eines Sinnes sind und den Gesetzen gehorchen.4)
Dies ist nun eine Seite, worin Sokrates von dem Widerspruche wegsieht und die Gesetze, das Recht, so wie es jedem in der Vorstellung ist, gelten läßt. Hier sehen wir affirmativen Inhalt. Fragen wir nun, was diese Gesetze sind, so sind es eben diese, die einmal gelten, wie sie so im Staate und in der Vorstellung vorhanden sind, das andere Mal als bestimmte sich aufheben und als nicht absolut gelten;
z. B. nicht lügen, nicht betrügen, nicht stehlen, nicht rauben.

β) Diese andere negative Seite sehen wir aber ebenso in demselben Zusammenhange. Um nämlich (erzählt Xenophon) dem Euthydemos das Bedürfnis der Einsicht fühlbar zu machen, bringt Sokrates ihn zum Gespräche, indem er ihn fragt, ob er nicht nach der Tugend strebe, ohne die weder der Privatmann noch der Bürger sich und den Seinigen nützlich, noch dem Staate es sein könne. Euthydemos erklärt dies allerdings für sein Bestreben. Ohne Gerechtigkeit aber, erwidert Sokrates, sei dies nicht möglich, und er fragt weiter, ob Euthydem also ein Gerechter sei, die Gerechtigkeit an ihm selbst vollbracht habe. Euthydem bejaht dies, indem er sagt, er denke nicht weniger als irgendeiner, gerecht zu sein.
Sokrates entgegnet nun: "Wie von ihren Arbeiten Handwerker aufzeigen können, so werden auch die Gerechten zu sagen wissen, was ihre Werke seien." Auch dies gibt jener zu, erwidert, daß er dies wohl leicht tun könne. Sokrates schlägt vor, wenn dies sei, "unter Δ auf die eine Seite das Tun des Gerechten, auf die andere Seite unter A das Tun des Ungerechten zu schreiben".
Mit Einstimmung des Euthydem komme also Lügen, Betrügen, Rauben (Stehlen), einen Freien zum Sklaven Machen (αa̓νδϱαπpοδίζεσsϑαι) unter das Ungerechte auf die andere Seite. Nun fragt Sokrates: "Wenn aber ein Feldherr den feindlichen Staat unterjocht, gehört dies nicht unter die Gerechtigkeit?"
Euthydemos sagt ja. "Ebenso, wenn er den Feind täuscht, belügt, beraubt, zum Sklaven macht?" Euthydemos muß dies zugeben: dies sei auch gerecht.
Es zeige sich so, "daß dieselben Qualitäten", Lügen, das Eigentum und die Freiheit Berauben, Betrügen, "ebensowohl unter die Bestimmung der Gerechtigkeit als der Ungerechtigkeit kommen". Euthydemos fällt ein, die Bestimmung hinzuzusetzen, daß er gemeint habe, Sokrates verstehe jenes Tun, Lügen, Betrügen usf., nur gegen Freunde; gegen diese sei es ungerecht. Sokrates nimmt dies also an, fährt aber nun fort:
Wenn ein Feldherr im entscheidenden Moment der Schlacht seine eigene Armee in Schrecken sehe und er täusche sie, indem er lüge, daß eine Hilfe eben ankomme, um sie zum Siege zu führen, ob dies gerecht zu nennen sei? Euthydemos gibt dies zu. -
"Sokrates: Wenn ein Vater seinem kranken Kinde eine Arznei, die das Kind nicht nehmen will, unter die Speisen tut und es durch diese Täuschung gesund macht, ist dies gerecht? -
Euthydemos: Ja. -
Sokrates: Oder ist jemand ungerecht, der seinem Freunde, den er in der Verzweiflung und im Begriffe sieht, sich das Leben zu nehmen, seine Waffen heimlich oder mit offener Gewalt nimmt?" Euthydem muß ebenso zugeben, daß dies nicht Unrecht sei.5)
So zeigt sich hier wieder, daß sich dieselben Bestimmungen also auch gegen Freunde auf beiden Seiten finden, unter die Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zu stehen kommen usf.

Hier sehen wir die negative Seite, daß Sokrates das wankend macht, was der Vorstellung sonst fest war. Nicht lügen, nicht betrügen, nicht rauben gilt in der unbefangenen Vorstellung für recht, - dies ist ihr das Feste; aber durch die Vergleichung dieses für fest Gehaltenen mit anderem, das ihr ebenso fest als wahr gilt, zeigt sich, daß sie sich widersprechen, - und jenes Feste wird wankend, es gilt nicht mehr für fest.
Das Positive, was Sokrates an die Stelle des Festen setzt, ist einesteils im Gegensatze wieder dieses, den Gesetzen zu gehorchen; wir sehen ganz das Allgemeine, Unbestimmte, und "den Gesetzen gehorchen" versteht nun jeder, der dies hört, eben die Gesetze ausgedrückt, wie die allgemeine Vorstellung derselben sich bewußt ist, nicht lügen, nicht betrügen; aber diese Gesetze sind eben dies, daß sie so im Allgemeinen Lügen, Betrügen, Rauben als Unrecht aufstellen, - Bestimmungen, die für den Begriff nicht aushalten. Andernteils aber die Einsicht, in welcher das unmittelbar Gesetzte, gesetzt auch in der Vermittlung, Negation, sich rechtfertigt, bezeichnet, wenn sie wahrhaft ist, die Grenze desselben, seine Bestimmtheit, - Konstruktion des Ganzen. Aber teils finden wir diese Einsicht eben nicht bei Sokrates, sondern sie wird das Unbestimmte in ihrem Inhalt, wie oben den Gesetzen überhaupt gehorchen; teils hat sie eben die Seite der Erscheinung des Aufhebens der geltenden Gesetze, und sie ist als Realität eine Zufälligkeit.
α) Nicht jeder hat die Einsicht;
β) wer sie hat, kann beim Negativen stehenbleiben; sie ist das Zufällige des Umgangs und der Bildung durch Sokrates' Charakter, der eigentlich das Feste ist und woran sich der Umgehende durch substantielle Mitteilung und Gewohnheit befestigt, - aber "es sind viele solche dem Sokrates untreu geworden"6) .

Sokrates zeigt allgemeine Gebote: "Du sollst nicht töten" usf.; diese Allgemeinheit ist verbunden mit einem besonderen Inhalte, und dieser ist bedingt. Wenn nun dies Bedingte des Inhalts zum Bewußtsein gebracht wird, so ist die Festigkeit, die diese Gebote durch die Allgemeinheit haben, schwankend.
Bei Gesetzen oder Geboten kommt es sonach auf Umstände an, sie sind ein von Umständen, Meinungen Bedingtes, und die Einsicht ist es, die solche Bedingungen, Umstände erfindet, wodurch Ausnahmen für dies unbedingt geltende Gesetz entstehen. Eigentum nehmen, ist ungerecht; dies ist fest.
Durch solche Überlegung, daß es im besonderen Falle nicht Unrecht sei, wird die Festigkeit vernichtet; die Grundsätze werden so wankend. Denn ihnen ist die Form der Allgemeinheit notwendig; nur so sind sie fest. Wenn durch besondere Fälle, Instanzen die Allgemeinheit beschränkt wird, so verschwindet mit der Allgemeinheit auch die Festigkeit des Grundsatzes; dieser erscheint als besonderer, der gilt und nicht gilt.
Es kommt auf die Umstände an; diese sind zufällig - objektiv -,
oder es tritt Zufälligkeit meiner Interessen ein.

γ) Hier sehen wir also das Allgemeine so bestimmt, realisiert: allgemeines Nennen der Gesetze;
in Wahrheit aber, da diese verschwindende Momente sind, das unbestimmte Allgemeine und den Mangel seiner Unbestimmtheit noch nicht ergänzt. Wir sehen nur vielmehr die bestehenden Gesetze verschwinden; das Nächste, bei dem wir stehen, ist dies, daß durch die Bildung des reflektierenden Bewußtseins das im Bewußtsein Geltende, die Sitte, das Gesetzliche wankend geworden ist. Hierbei ist anzuführen, daß es Aristophanes ist, der die Sokratische Philosophie von dieser negativen Seite aufgefaßt hat.
Dies Bewußtsein des Aristophanes über die Einseitigkeit des Sokrates kann als ein Vorspiel davon angesehen werden, wie auch das athenische Volk seine negative Weise wohl erkannte und ihn zum Tode verurteilte. Es ist bekannt, daß Aristophanes den Sokrates aufs Theater so gut als nicht nur z. B. den Aischylos und besonders den Euripides, sondern auch die Athenienser überhaupt, alsdann ihre Feldherren, das personifizierte athenische Volk und die Götter selbst brachte, - eine Freiheit, die wir uns nicht einfallen lassen würden, wenn sie uns nicht geschichtlich aufbewahrt wäre.
Es gehört nicht hierher, die eigene Natur der Aristophanischen Komödie zu betrachten, noch besonders den Mutwillen, den er an Sokrates verübt haben soll. Fürs erste darf uns überhaupt dies nicht auffallen, noch brauchen wir den Aristophanes zu rechtfertigen oder nur zu entschuldigen.
Es kann nur soviel gesagt werden, daß es freilich unserer deutschen Ernsthaftigkeit widerspricht, zu sehen, wie Aristophanes lebende Männer im Staate mit ihren Namen auf die Bühne bringt, um sie lächerlich zu machen, besonders aber einen so moralischen und rechtschaffenen Mann wie Sokrates.

Durch chronologische Bestimmungen hat man soviel eruieren wollen, daß seine Darstellungen keinen Einfluß auf die Verurteilung des Sokrates gehabt hätten. Man sieht, es geschieht dem Sokrates ganz Unrecht; dann erkennt man auch den Wert des Aristophanes, er hat in seinen Wolken ganz recht gehabt. Und jener Dichter, der ihn auf das Lächerlichste und Bitterste dem Hohne preisgab, ist kein gewöhnlicher Possenreißer, Lustigmacher, seichter Spaßvogel gewesen, der das Heiligste und Vortrefflichste verspotte und dem Witze seines Spottes alles preisgebe und aufopfere, um die Athenienser lachen zu machen.
Allein alles hat viel tieferen Grund; bei seinen Späßen liegt tiefer Ernst zugrunde. Bloß spotten wollte er nicht; Ehrwürdiges bespotten, ist kahl und platt. Ein elender Witz ist der, welcher nicht substantiell ist, nicht auf Widersprüchen beruht, die in der Sache selbst liegen; Aristophanes ist kein schlechter Witzling gewesen. Es ist nicht möglich, an etwas Spott äußerlich anzuhängen, das nicht den Spott seiner selbst, die Ironie über sich, an sich selbst hat. Das Komische ist: Mensch, Sache aufzuzeigen, wie es sich in sich selbst auflöst in seinem Aufspreizen. Ist die Sache nicht in ihr selbst ihr Widerspruch, so ist das Komische oberflächlich, grundlos. Aristophanes macht sich nicht nur über den δdημος, den Euripides lustig; sondern bei dem Spott über den δdημος liegt tiefer politischer Ernst zugrunde. Aus allen seinen Stücken geht hervor, welch gründlich tiefer Patriot er gewesen ist, - ein edler, vortrefflicher, wahrhaft athenischer Bürger.

Was diese Erscheinung des Aristophanes betrifft, so ist die Aristophanische Komödie für sich ein wesentliches Ingrediens im athenischen Volke, - Aristophanes eine ebenso notwendige Figur, als es der erhabene Perikles, der leichtsinnige Alkibiades, der göttliche Sophokles und der moralische Sokrates gewesen; Aristophanes gehört ebensosehr in den Kreis dieser Sterne. Im tiefsten Ernste sehen wir einen Patrioten vor uns, der, obgleich Todesstrafe darauf gesetzt war, doch in einem seiner Stücke sich nicht scheute, den Frieden anzuraten. In ihm, der den tiefsten und verständigsten Patriotismus hatte, stellt sich der selige, seiner selbst gewisse Genuß eines Volkes dar, das sich selbst preisgibt. Es gehört zum Komischen eine Sicherheit seiner selbst, die - indem sie sich auf etwas verläßt, an etwas festhält, mit allem Ernst dies betreibt, während ihr immer das Gegenteil dessen wird, was sie ausrichtet - darüber gar in keinen Zweifel gerät, zu keiner Reflexion über sich kommt, sondern vollkommen ihrer und ihrer Sache gewiß bleibt.
Diese Seite des freien athenischen Geistes, diesen vollkommenen Genuß seiner selbst im Verluste, diese ungetrübte Gewißheit seiner selbst bei aller unmittelbaren Fehlschlagung des Erfolgs und der Realität - das höchst Komische - genießen wir im Aristophanes.

In den Wolken sehen wir nicht dies unbefangene Komische; sondern Widerspruch wird mit bestimmter Absicht. Aristophanes also schildert den Sokrates auch komisch, wie er in seinem moralischen Bemühen das Gegenteil dessen hervorbringt, worauf er geht, und Schülern von ihm Freude über die einsichtsvollen Entdeckungen entspringt, die sie durch ihn gemacht und die sie für ihr Glück halten, die sich ihnen aber häßlich verkehren und zum Gegenteil dessen werden, was sie meinten. Die vortreffliche Einsicht, die hier vorgestellt wird, daß die Schüler des Sokrates erlangen, ist eben die Einsicht in die Nichtigkeit der Gesetze des bestimmten Guten, wie es dem unbefangenen Bewußtsein als Wahrheit galt.

Er hat Späße gemacht, daß Sokrates sich mit gründlichen Untersuchungen beschäftigt habe: wie weit die Flöhe springen, und daß er ihnen deshalb Wachs an die Füße geklebt habe. Dies ist nichts Historisches; aber begründet ist es, daß Sokrates in seiner Philosophie diese Seite hatte, die Aristophanes da mit Bitterkeit hervorgehoben hat. Es ist ein Beweis der Richtigkeit, mit der Aristophanes die Sokratische Philosophie aufgefaßt hat.

Die kurze Fabel der Wolken ist also diese. Strepsiades, ein ehrlicher atheniensischer Bürger von alter Art, hat große Not mit seinem neumodischen, verschwenderischen Sohne, der, von Frau Mutter und Herrn Onkel verzogen, Pferde hält, eine Lebensweise führte, die seinen Umständen unangemessen war.
Der Vater hat dadurch Not mit den Gläubigern, geht in seiner Not zum Sokrates und tritt bei ihm als Schüler ein. Da lernt der Alte, daß nicht dies und nicht dies, - jenes gerecht ist; oder er lernt große und kleine Gründe (Verständchen, ἥτtτtων λόγος), er lernt die Dialektik der Gesetze, Gründe zu finden, das bestimmte Gesetzliche, als z. B. seine Schulden zu bezahlen, durch Gründe umzustoßen.
Und er nötigt dann seinen Sohn, auch bei Sokrates in die Schule zu gehen, der dann auch seine gehörige Weisheit profitiert. Mit dieser neuen Weisheit von Gründen und Gründe-Erfinden ausgerüstet, ist er gewaffnet gegen das Hauptübel, das ihn drückt, gegen seine mahnenden Gläubiger.
Diese kommen denn nun auch bald nacheinander, die Bezahlung zu holen. Strepsiades weiß sie nun mit guten Gründen abzuspeisen, zeigt ihnen, daß er zu bezahlen nicht nötig habe, beschwichtigt sie durch allerlei titulos, ja verhöhnt sie selbst (womit er sie wegräsoniert) und ist sehr vergnügt, dies bei Sokrates gelernt zu haben. Aber bald ändert sich die Szene, wendet sich die Sache. Der Sohn kommt herbei, beträgt sich sehr ungezogen gegen seinen Vater, sosehr, daß der Sohn den Vater am Ende ausprügelt.
Der Vater schreit darüber aufs Höchste als über die letzte Unwürdigkeit; der Sohn aber erweist ihm mit ebenso guten Gründen nach der Methode, die er bei Sokrates profitiert hatte, daß er ein vollkommenes Recht habe, ihn zu schlagen. Strepsiades endigt die Komödie mit der Verwünschung der Sokratischen Dialektik, mit der Rückkehr zu seiner alten Sitte und der Abbrennung des Hauses des Sokrates.

Die Übertreibung, die man dem Aristophanes zuschieben könnte, ist, daß er diese Dialektik zur ganzen Bitterkeit der Konsequenz fortgetrieben hat; es kann jedoch nicht gesagt werden, daß dem Sokrates Unrecht geschehen mit dieser Darstellung. Aristophanes hat durchaus nicht Unrecht, ja man muß sogar seine Tiefe bewundern, die Seite des Dialektischen des Sokrates als eines Negativen erkannt und
(nach seiner Weise freilich) mit so festem Pinsel dargestellt zu haben.
Denn die Entscheidung wird beim Verfahren des Sokrates immer in das Subjekt, in das Gewissen gelegt werden; wo aber das schlecht ist, muß sich die Geschichte des Strepsiades wiederholen. Sokrates' Allgemeinheit hat die negative Seite des Aufhebens der Wahrheit (Gesetze), wie sie im unbefangenen Bewußtsein ist (die wir in einem Beispiele seines Unterrichts sahen); dies Bewußtsein wird so die reine Freiheit über den bestimmten Inhalt, der ihm als an sich galt.
Diese inhaltslose Freiheit, die Realität als Geist, ist gleichgültig gegen den Inhalt, - erfüllt, so daß ihr der Inhalt nicht ein fester ist, sondern die Durchdringung der Freiheit und des Allgemeinen ist der Geist.
Er, als die Einheit des Inhalts und der Freiheit, ist eigentlich das Wahrhafte; wie der Inhalt der Freiheit für das ungebildete Bewußtsein ist, ist er zerstreut und gilt in seiner Bestimmtheit für absolut, er erscheint ihm nicht als geistiger Inhalt. Die Sokratische Dialektik geht gegen dies Wissen des ungebildeten Geistes von seinem Inhalte; es macht ihn wankend, zeigt, daß er, so wie er ihm erscheint, keine Wahrheit hat.
Das Bewußtsein verliert diese Vorstellung von seiner Wahrheit als diesem zerstreut geltenden Inhalte und wird frei.

c) Wenn wir näher dies betrachten, was denn das Wahre ist in diesem Bewußtsein, so machen wir den Übergang zu der Weise, wie dem Sokrates selbst das Realisierende des Allgemeinen erschien.    >>>

 

4) M: Xenophon, Memorabilia IV, 4, § 12-16; 25

5) M: Xenophon, Memorabilia IV, 2, § 11-17

6) M: Xenophon, Memorabilia IV, 2, § 40

 

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