|
Dritter Teil: Neuere Philosophie
Einleitung
Mit der Reformation treten wir so auch eigentlich in die dritte Periode hinüber, ungeachtet Bruno, Vanini und Ramus, die später lebten, noch zum Mittelalter gehören. Ein Punkt der Umkehrung trat ein. Die christliche Religion hat ihren absoluten Inhalt in die Gemüter gelegt; so war er abgeschlossen, der Mittelpunkt des Individuums: als göttlicher, übersinnlicher Inhalt war er von der Welt geschieden. Dem religiösen Leben gegenüber stand eine äußerliche Welt, als natürliche Welt und Welt des Gemüts, der Neigungen, der Natur des Menschen, die Wert hatte nur insofern sie überwunden wurde. Diese Gleichgültigkeit, Trennung beider Welten ist durch das Mittelalter verarbeitet worden; es hat sich in diesem Gegensatze herumgeschlagen; am Ende ist er von demselben überwunden worden. Aber diese Überwindung hatte die Form, daß sie als Verderben der Kirche, als Verendlichung des Ewigen aufgetreten ist. Indem das Verhältnis des Menschen zum göttlichen Leben auf Erden existiert, so ist dies durch die Neigungen des Menschen so verendlicht worden (Verderben der Sinnlichkeit). Ebenso ist die ewige Wahrheit in den trockenen, formellen Verstand versetzt worden, so daß man sagen kann, die Einheit des Jenseits und Diesseits ist an sich bewirkt worden. Die Vereinigung war aber von so verdorbener Art, daß der bessere Sinn empört war und sich dagegen hat wenden müssen. So trat Reformation als Trennung von der katholischen Kirche und Reformation innerhalb ihrer selbst ein; es ist Vorurteil, daß die Reformation nur Trennung von der katholischen Kirche, - Luther hat die katholische Kirche ebensosehr reformiert. Man sieht das Verderben aus Luthers Schriften, aus den Berichten der Kaiser und des Reichs an den Papst; man sehe die Schilderungen, die katholische Bischöfe, Väter der Konzilien zu Konstanz, Basel von dem Zustand der katholischen Geistlichkeit, des römischen Hofes machten.
Das Andere, das an sich vollbracht wurde, ist Versöhnung des Diesseits und Jenseits. Die Trennung des Selbstbewußtseins ist an sich verschwunden und darin die Möglichkeit gesetzt, versöhnt zu werden. Das Prinzip der inneren Versöhnung des Geistes war an sich die Idee des Christentums, aber selbst wieder entfernt, nur äußerlich, als Zerrissenheit, unversöhnt. Wir sehen die Langsamkeit des Weltgeistes, diese Äußerlichkeit zu überwinden. Er höhlt das Innere aus, - der Schein, die äußere Gestalt bleibt noch; aber zuletzt ist sie eine leere Hülse, die neue Gestalt bricht hervor. In solchen Zeiten erscheint dann der Geist, als ob er, der vorher einen Schneckengang in seiner Entwicklung, Rückschritte getan, sich von sich entfernt hätte, die Siebenmeilenstiefel angelegt habe. Der Mensch hat Zutrauen zu sich selbst, zu seinem Denken als Denken, zu seinem Wahrnehmen, zu der sinnlichen Natur außer und in ihm gewonnen; er hat Interesse, Freude gefunden, Entdeckungen zu machen in Künsten, Natur. Im weltlichen Wesen ging der Verstand auf; der Mensch wurde sich seines Willens und Vollbringens bewußt, hatte Freude an der Erde, seinem Boden, an seinen Beschäftigungen, weil Recht und Verstand darin. Mit der Erfindung des Schießpulvers verlor sich der einzelne Zorn des Kampfs. Der romantische Trieb der zufälligen Tapferkeit ging auf andere Abenteuer, nicht des Hasses, der Eigenrache, der sogenannten Rettung dessen, was man für Unschuld und Urrecht hielt, - auf harmlosere Abenteuer, Bekanntschaft mit der Erde, Entdeckung des Weges nach Ostindien. Der Mensch hat Amerika entdeckt, seine Schätze und Völker, - die Natur, sich selbst; die Schiffahrt war die höhere Romantik des Handels. Die vorhandene Welt war wieder vorhanden als des Interesses des Geistes würdig; der denkende Geist vermochte wieder etwas. Und dann mußte die Reformation Luthers eintreten, - Berufung auf den sensus communis statt Kirchenväter und Aristoteles, nicht auf Autorität; sondern es ist innerer eigener Geist, der beseelende, beseeligende gegen die Werke. So verlor die Kirche ihre Macht gegen ihn; denn ihr Prinzip war in ihm selbst, nicht mehr das Mangelhafte. Dem Endlichen, Gegenwärtigen ist seine Ehre gegeben; das ist an sich seiende Versöhnung des Selbstbewußtseins mit der Gegenwart. Von dieser Ehre gehen die Bestrebungen der Wissenschaft aus.
Wir sehen so, daß das Endliche, die innere und äußere Gegenwart, aufgefaßt wird mit Erfahrung und durch den Verstand zur Allgemeinheit erhoben; man will die Gesetze, Kräfte kennenlernen, d. h. das Einzelne der Wahrnehmungen in die Form der Allgemeinheit verwandeln. Das Weltliche will weltlich gerichtet werden; der Richter ist der denkende Verstand. Die andere Seite ist, daß das Ewige, was an und für sich wahr ist, auch erkannt, aufgefaßt werde durch das reine Herz selbst; der eigene Geist macht sich für sich das Ewige zu eigen. Das ist der Lutherische Glaube ohne anderes Beiwesen (die Werke, wie man es nannte). Alles hat nur Wert als im Herzen aufgefaßt, nicht als Ding. Der Inhalt hört auf, ein Gegenständliches zu sein; Gott ist also nur im Geiste, nicht jenseits, sondern das Eigenste des Individuums. Eine Form des Innern ist auch das reine Denken; es naht sich auch dem Anundfürsichseienden und findet sich berechtigt, dasselbe zu fassen.
Die Philosophie der neuen Zeit geht von dem Prinzip aus, bis zu welchem die alte gekommen war, dem Standpunkt des wirklichen Selbstbewußtseins, - hat überhaupt den sich gegenwärtigen Geist zum Prinzip; sie bringt den Standpunkt des Mittelalters, die Verschiedenheit des Gedachten und des seienden Universums in Gegensatz und hat es mit der Auflösung desselben zu tun. Das Hauptinteresse ist daher nicht sowohl, die Gegenstände in ihrer Wahrheit zu denken, als das Denken und Begreifen der Gegenstände, diese Einheit selbst, welche überhaupt das Bewußtwerden eines vorausgesetzten Objekts ist, zu denken.
Erstens. Hier haben wir diese konkrete Gestalt, das Hervortreten des Denkens für sich zu betrachten; dies tritt wesentlich auf als subjektives mit der Reflexion des Insichseins, so daß es einen Gegensatz am Seienden überhaupt hat. Und das Interesse ist dann ganz allein, diesen Gegensatz zu versöhnen, die Versöhnung in ihrer höchsten Existenz, d. h. in den abstraktesten Extremen zu begreifen. Diese höchste Entzweiung ist der abstrakteste Gegensatz von Denken und Sein; und deren Versöhnung ist zu fassen. Alle Philosophien von da an haben das Interesse dieser Einheit. Das Denken ist damit freier, und so verlassen wir jetzt seine Einheit mit der Theologie; es trennt sich von derselben, wie es auch bei den Griechen sich separiert hat von der Mythologie, der Volksreligion und erst am Ende, zur Zeit der Alexandriner, diese Formen wieder aufgesucht und die mythologischen Vorstellungen erfüllt hat mit der Form des Gedankens. Das Band bleibt aber deswegen schlechthin an sich. Denn Theologie ist durchaus nur das, was Philosophie ist; denn diese ist eben Denken darüber. Es hilft der Theologie nichts, sich dagegen zu sträuben, zu sagen, sie wolle nichts von Philosophie wissen, es seien Philosopheme, also auf der Seite liegen zu lassen. Sie hat es immer mit Gedanken zu tun, die sie mitbringt; und diese ihre subjektiven Vorstellungen, Gedanken, ihre Haus- und Privatmetaphysik sind dann die Reflexionen, Meinungen usf. der Zeit. Und es ist so häufig ein ganz ungebildetes Vorstellen, ein unkritisches Denken; es ist zwar mit der besonderen subjektiven Überzeugung verknüpft, und diese soll es bewähren als eigentümlich richtig; aber diese Gedanken, Vorstellungen, die das Urteil, Kriterium, das Entscheidende abgeben, diese allgemeinen Vorstellungen sind nichts, als was sich auf der Heerstraße findet, was auf der Oberfläche der Zeit umherschwimmt. Wenn so das Denken für sich auftritt, so trennen wir uns damit von der Theologie; wir werden jedoch noch eine Erscheinung betrachten, wo beide noch in Einheit sind, - es ist Jakob Böhme.
Der Geist bewegt und befindet sich jetzt in seinem Eigentum; dies ist teils die natürliche, endliche Welt, teils die innerliche, und diese ist zunächst das Christliche. Das Nächste, was zu betrachten ist, ist gleichsam der Geist, der Geist in seiner konkreten Welt als in seinem Eigentum, so die konkrete Weise des Erkennens.
Hiermit tritt denn erst eigentlich Philosophie wieder ein, Wahrheit als Wahrheit, im 16. und 17. Jahrhundert. Übrigens dieser Geist, nach außen gerissen, hatte sich in Religion, im weltlichen Leben geltend zu machen, wurde sich in Vorstellungen, populären Gedanken und populärer sogenannter Philosophie bewußt. Das eigentliche Hervortreten der Philosophie ist, frei im Denken sich und die Natur zu fassen und eben damit die Gegenwart der Vernünftigkeit, das Wesen, das allgemeine Gesetz selbst zu denken, zu begreifen. Denn dies ist unser, Subjektivität; und sie als denkend unendlich frei, unabhängig, keine Autorität anerkennend. Die formelle Bildung des logischen Verstandes und den ungeheuren Stoff darin abzuschaffen war nötig mehr, als ihn zu erweitern. Die suchende Wissenschaft geht in die Breite und in die schlechte Unendlichkeit. - Das Prinzip der neueren Philosophie ist daher nicht unbefangenes Denken, sondern hat den Gegensatz des Denkens und der Natur vor sich. Geist und Natur, Denken und Sein sind die beiden unendlichen Seiten der Idee. Diese kann erst wahrhaft hervortreten, wenn ihre Seiten für sich in ihrer Abstraktion und Totalität gefaßt werden. Platon faßte sie als Band, Begrenzendes und Unendliches, Eins und Vieles, Einfaches und Anderes, aber nicht als Denken und Sein. Diese sind nicht unbefangen, d. h. mit dem Bewußtsein ihres Gegensatzes; dieser ist denkend zu überwinden, und dies heißt die Einheit begreifen.
Dies ist der Standpunkt des philosophischen Bewußtsein überhaupt, - aber der Weg, diese Einheit hervorzubringen, zu denken, zu begreifen, ein gedoppelter. Die Richtungen dieser Periode sind zweierlei: die Erfahrung ist die erste; die vom Denken, vom Innern ausgehende Philosophie die zweite Richtung. Die Philosophie zerfällt daher in die zwei Hauptformen der Auflösung des Gegensatzes, in ein realistisches und in ein idealistisches Philosophieren: d. h. in ein solches, welches die Objektivität und Inhalt des Gedankens aus den Wahrnehmungen entstehen läßt, und in ein solches, welches für die Wahrheit von der Selbständigkeit des Denkens ausgeht.
a) Philosophieren hieß jetzt oder hatte zu seiner Hauptbestimmung Selbstdenken und das Gegenwärtige Annehmen, als worin das Wahre läge und somit erkennbar wäre, - alles Spekulative jedesmal wieder verflachen und verplätten, es herunterbringen zur Erfahrung. Dies Gegenwärtige ist die daseiende, äußere Natur - und die geistige Tätigkeit, als politische Welt und als subjektive Tätigkeit. Der Weg zur Wahrheit war, von dieser Voraussetzung anzufangen, aber nicht bei ihr stehenzubleiben in ihrer äußerlichen, sich vereinzelnden Wirklichkeit, sondern sie zum Allgemeinen zu führen.
α) Die Beobachtung jener ersten Richtung geht nun zuvörderst auf die physische Natur, aus deren Beobachtung man das Allgemeine, die Gesetze zieht und auf dieser Basis sein Wissen gründet. Dieser Weg der Erfahrung und Beobachtung hieß und heißt noch Philosophie, die Weise der endlichen Wissenschaften durch Beobachtung und Schließen, was noch jetzt sciences exactes heißt. Diesem eigenen Verstand war die Frömmigkeit entgegen, daher auch die Philosophie insofern Weltweisheit hieß. Hier ist nun die Idee selbst in ihrer Unendlichkeit selbst nicht Gegenstand, nicht erkannt, sondern bestimmter Inhalt; dieser ist heraufgehoben ins Allgemeine, Gesetz, - das Allgemeine in seiner verständigen Bestimmtheit aufgenommen aus der Beobachtung (Kepler). Die natürliche Wissenschaft geht nur bis zur Stufe der Reflexion; und Philosophie wurden teils diese endlichen Wissenschaften genannt, wie Newtons Principia philosophiae naturalis, alles hieß philosophia naturalis, - Beobachten, Experimentalphysik. - In der scholastischen Philosophie war dagegen dem Menschen das Auge ausgestochen gewesen, und was in jener Zeit von der Natur disputiert ist, ist von abstrusen Voraussetzungen ausgegangen.
β) Man beobachtete zweitens das Geistige, wie es in seiner Realisierung eine geistige Welt macht, indem es die Staaten bildet, um so aus der Erfahrung zu erforschen, was Recht der Individuen gegeneinander und gegen die Fürsten und der Staaten Recht gegen die Staaten sei. Früher salbten die Päpste die Könige, wie die im Alten Testament von Gott eingesetzt waren: der Zehnte war im Alten Testament geboten; die verbotenen Grade der Verwandtschaft bei Ehen nahmen sie aus den mosaischen Gesetzen: was den Königen recht und erlaubt sei, zeigten sie aus Sauls und Davids Geschichte, die Rechte der Priesterschaft aus Samuel. Kurz, so war das Alte Testament die Quelle aller staatsrechtlichen Grundsätze, und so werden noch jetzt in allen Bullen der Päpste ihre Verordnungen bekräftigt. Man kann sich leicht vorstellen, wieviel Galimathias auf diese Weise zusammengebraut sei. Jetzt suchte man das Recht im Menschen selbst und in seiner Geschichte und stellte dar, was im Frieden und im Krieg als Recht gegolten hatte. Auf diese Weise verfaßte man Bücher, die im englischen Parlament noch immer häufig zitiert werden. Man beobachtete ferner die Triebe des Menschen, denen im Staate die Befriedigung werden solle und wie sie ihnen werden könne, um so aus dem Menschen selbst, dem vergangenen wie dem noch gegenwärtigen, das Recht zu erkennen.
b) Die zweite Richtung geht vom Innern überhaupt aus. Die erste ist Realismus, die zweite Idealismus, - alles ist im Denken, der Geist ist selbst aller Inhalt. Hier ist die Idee selbst zum Gegenstand gemacht; d. h. sie denken und von ihr aus an das Bestimmte gehen. Was dort aus der Erfahrung, wird hier aus dem Denken a priori geschöpft; oder auch es wird das Bestimmte aufgefaßt, aber es nicht nur auf das Allgemeine, sondern auf die Idee zurückgeführt. - Beide Richtungen begegnen sich aber, weil auch die Erfahrung aus ihren Beobachtungen allgemeine Gesetze ableiten will, auf der andern Seite aber das Denken, von der abstrakten Allgemeinheit ausgehend, sich doch einen bestimmten Inhalt geben soll. Von England ist die Erfahrung ausgegangen, wie sie auch noch jetzt daselbst im höchsten Ansehen steht; Deutschland ging von der konkreten Idee, vom konkreten, gemüt- und geistvollen Innern aus; in Frankreich hat sich mehr die abstrakte Allgemeinheit geltend gemacht.
Zweitens: Fragen der jetzigen Philosophie, Gegensätze, Inhalt, der jetzt diese neuen Zeiten beschäftigt.
a) Dazu gehört ein Punkt, den wir schon im Mittelalter berührten, das Dasein Gottes aus dem Denken zu deduzieren. Wir haben Gott, den reinen Geist, - auf der andern Seite sein Sein; beide Seiten sollen durchs Denken als an und für sich seiende Einheit gefaßt werden. - Andere Interessen beziehen sich auf dieselben allgemeinen Bestimmungen: nämlich darauf, die Einheit des Gegensatzes zu erkennen, die innere Versöhnung auch in den gegenständlichen Interessen des Wissens hervorzubringen. Der härteste Gegensatz wird gefaßt als in eine Einheit gebunden. Die erste Form des Gegensatzes ist die Idee Gottes und das Sein.
b) Die zweite Form ist das Gute und das Böse, - der Gegensatz des Positiven, Allgemeinen, Guten, und des Bösen, als des Fürsichseins des Willens gegen das Allgemeine. Der Ursprung des Bösen soll erkannt werden. Gott ist, allmächtig, weise, gut. Das Böse ist das schlechthin Andere, Negative Gottes als des Heiligen; und zugleich ist er absolute Macht. Das Böse widerspricht so seiner Heiligkeit, Macht; diesen Widerspruch zu versöhnen wird versucht.
c) Die dritte Form des Gegensatzes ist der von der Freiheit des Menschen und Notwendigkeit. α) Das Individuum ist für sich berechtigt, bestimmt sich schlechthin aus sich, ist absoluter Anfang des Bestimmens. Im Ich, im Selbst ist ein schlechthin Entscheidendes; es ist nicht anderswoher, sondern nur in sich determiniert. Dieses ist im Widerspruch, daß Gott allein das absolut Bestimmende ist. Das wird als die Präszienz Gottes gefaßt, die Vorsehung, wenn das zu Geschehende auch zukünftig ist. Was Gott weiß, das ist aber auch; sein Wissen ist nicht bloß subjektiv. Näher ist die Freiheit im Gegensatz dazu, daß Gott nur überhaupt das absolut Determinierende ist. β) Zweitens ist die menschliche Freiheit mit der Notwendigkeit als Naturbestimmtheit im Gegensatze. γ) Objektiv ist dieser Gegensatz der der Endursachen und wirkenden Ursachen, des Wirkens nach Notwendigkeit und des Wirkens nach Freiheit.
d) Viertens. Dieser Gegensatz der Freiheit des Menschen und der Naturnotwendigkeit (die äußere und innere Natur des Menschen ist seine Notwendigkeit gegen seine Freiheit, er ist abhängig von der Natur) hat auch die nähere Form der Gemeinschaft der Seele mit dem Leibe, commercium animi cum corpore; sie ist das Einfache, Ideelle, Freie, - jener das Vielfache, Leibliche, Materielle, Notwendige.
Diese Materien beschäftigen das Interesse der Wissenschaft; diese sind von ganz anderer Art als die Interessen der alten Philosophie. Der Unterschied ist dieser, daß hier ein Bewußtsein ist über diesen Gegensatz, der in den wissenschaftlichen Gegenständen der Alten allerdings auch enthalten, aber nicht zum Bewußtsein gekommen war. Dieses Bewußtsein über den Gegensatz, Abfall ist der Hauptpunkt in der Vorstellung der christlichen Religion. Diese Versöhnung, die geglaubt wird, auch im Denken hervorzubringen, ist das allgemeine Interesse der Wissenschaft. An sich ist sie geschehen; denn das Wissen hält sich für befähigt, diese Erkennung der Versöhnung in sich zustande zu bringen. Die philosophischen Systeme sind also nichts anderes als Weisen dieser absoluten Einigkeit, so daß nur diese konkrete Einheit dieser Gegensätze das Wahre sei.
Drittens. Stufen im wissenschaftlichen Fortgange. Die zwei ersten Philosophien, die wir zu betrachten haben, sind Bacon und Jakob Böhme; das zweite ist Descartes und Spinoza, nebst Malebranche; das dritte Locke, Leibniz und Wolff, - dabei werden wir von den weiteren Gestaltungen der schottischen und englischen und von denen der französischen Philosophie reden; endlich viertens von Kant, Fichte, Jacobi und Schelling. Mit Cartesius fängt eigentlich die Philosophie der neueren Zeit, das abstrakte Denken erst an. Wir haben drei Hauptunterscheidungen:
a) Zuerst Ankündigung dieser Vereinigung, als Versuche, auf eigentümliche, noch nicht bestimmte, reine Weise; hier haben wir Bacon von Verulam und Jakob Böhme, den deutschen Theosophen. Bacon geht aus von Erfahrung und Induktion, Böhme von Gott (Pantheismus der Dreieinigkeit).
b) Metaphysische Vereinigung. Hier fängt erst die eigentliche Philosophie dieser Zeit an; sie fängt mit Cartesius an. α) Das ist der Standpunkt der Metaphysik. Der denkende Verstand versucht, die Vereinigung zustande zu bringen; er untersucht mit seinen reinen Denkbestimmungen. Spinoza, Locke und Leibniz haben wir zu betrachten; sie machen die Metaphysik aus. Descartes und Spinoza setzen Denken und Sein; Locke Erfahrung, metaphysische Idee, - behandelte den Gegensatz selbst. Leibniz´ Monade ist Totalität der Weltanschauung. β) Zweitens haben wir bei ihnen den Untergang dieser Metaphysik zu betrachten: Skeptizismus gegen die Metaphysik als solche und gegen das Allgemeine des Empirismus.
c) Das dritte ist dieses, daß diese Vereinigung selbst, die veranstaltet werden soll, zum Bewußtsein kommt und zum Gegenstand wird. Diese Vereinigung ist das einzige Prinzip, Interesse. Als Prinzip hat die Vereinigung diese Gestalt des Verhältnisses des Erkennens zum Inhalte. Wie ist und kann das Denken identisch sein mit dem Gegenständlichen? Das Innere, dieser Metaphysik Zugrundeliegende ist für sich herausgehoben und zum Gegenstand geworden. Das befaßt die Kantische und neuere Philosophie in sich.
Viertens. In Rücksicht auf das äußerliche Geschichtliche des Lebens der Philosophen wird uns auffallen, daß auch diese Lebensumstände von jetzt an ganz anders aussehen als die der Philosophen in der alten Zeit. Wir sahen dort die Philosophen als selbständige Individualitäten. Man macht die Forderung, ein Philosoph solle leben, wie er lehre, die Welt verachten, nicht in ihren Zusammenhang eintreten. Das haben die Alten geleistet. In dieser Zeit hat die Philosophie den Stand des Individuums bestimmt. Es konnte sein, und es ist häufig gewesen, daß das Individuum auch als Philosoph gelebt hat, daß der innere Zweck, sein geistiges Leben auch die äußerlichen Verhältnisse bestimmt hat; es sind so plastische Individualitäten. Der Gegenstand ihres Erkennens war, das Universum denkend zu betrachten. Den äußerlichen Zusammenhang mit der Welt haben sie so ferner von sich gehalten, an einem Zusammenhang nicht teilgenommen, indem sie vieles etwa nicht billigten, - immer wenigstens ein Zusammenhang, der für sich fortgeht, für sich seine eigenen Gesetze, Weisen hat, von denen das Individuum abhängig ist und an dem das Individuum zugleich Anteil nimmt, um seine persönlichen Zwecke zu befriedigen, durch sie Ehre, Vermögen, Ansehen, Vornehmigkeit zu erlangen. Die Gegenwart, Verhältnisse des äußerlichen Lebens haben sie nicht interessiert; sie sind in der Idee geblieben. Sie ließen sich nicht in Dinge ein, die nicht das Interesse ihres Denkens waren. Sie haben eigentümliche Lebensart, als Privatleute; man kann sie mit den Mönchen vergleichen, sie entsagten zeitlichen Gütern. Sie haben sich selbständig, verhältnislos gehalten.
Im Mittelalter sind es vornehmlich Geistliche, Doktoren der Theologie, welche die Philosophie treiben. In der Übergangsperiode haben die Philosophen im Kampf, im inneren Kampf mit sich und im äußerlichen Kampf mit den Verhältnissen sich gezeigt, haben sich auf wilde, unstete Weise im Leben herumgetrieben.
Anders ist das Verhältnis in der neueren Zeit; wir sehen nicht mehr philosophische Individuen, die Philosophen bilden nicht einen Stand. Wir sehen hier die Philosophen im ganzen mit dem Zusammenhang der Welt in irgendeiner Tätigkeit, in einem gemeinschaftlichen Stande mit anderen im Staate; sie sind abhängig und in Verhältnis. Sie leben in bürgerlichen Verhältnissen oder im Staatsleben; oder sie sind auch wohl Privatpersonen, so daß der Privatstand sie ebensowenig von den anderen Verhältnissen isoliert. Dieser Unterschied liegt überhaupt darin, wie sich die äußerlichen Umstände gestaltet haben. In der neueren Zeit hat sich die äußerliche Welt beruhigt, in Ordnung gebracht; Stände, Lebensweisen haben sich konstituiert. Wir sehen einen allgemeinen, verständigen Zusammenhang; und es gehört hierher die Versöhnung des weltlichen Prinzips mit sich selbst, so daß die weltlichen Verhältnisse auf naturgemäße, vernünftige Weise sich organisiert haben. Mit Erbauung der innerlichen Welt, der Religion, und der Versöhnung der äußerlichen Welt mit sich hat auch die Individualität ein anderes Verhältnis; es ist nicht die plastische Individualität der Alten. Dieser allgemeine, verständige Zusammenhang ist von solcher Macht, daß jedes Individuum ihm angehört und doch zugleich eine innere Welt sich erbauen kann. Das Äußerliche ist so mit sich versöhnt worden, daß Innerliches und Äußerliches zugleich selbständig und unabhängig stehen können und das Individuum in dem Falle ist, seine äußerliche Seite der äußerlichen Ordnung überlassen zu können, wogegen bei jenen plastischen Gestalten das Äußerliche nur ganz von dem Innern bestimmt werden konnte. Hingegen jetzt, bei der höheren Kraft des Innern des Individuums, kann dies das Äußerliche dem Zufall überlassen, - wie es die Kleidung dem Zufall der Mode überläßt, es ist nicht der Mühe wert, seinen Verstand dazu anzustrengen; es kann das Äußerliche freilassen, es bestimmen lassen durch anderes, - durch die Ordnung, die in dem Kreise stattfindet, in welchem es sich befindet. Die moderne Welt ist diese wesentliche Macht des Zusammenhangs; sie enthält dieses, daß es für das Individuum schlechthin notwendig ist, in diesen Zusammenhang der äußerlichen Existenz einzutreten. Es ist nur eine gemeinschaftliche Weise der Existenz in einem Stande möglich; Spinoza macht Ausnahme. So war früher die Tapferkeit individuell; die moderne Tapferkeit ist, daß jeder nicht nach seiner Weise handelt, sondern daß er sich auf den Zusammenhang mit anderen verläßt, - dieser gibt ihm sein Verdienst. Der Stand der Philosophen ist noch nicht wie die Mönche organisiert. Akademiker sind so etwas; und selbst solcher Stand - die Aufnahme ist etwas äußerlich Bestimmtes - sinkt in die Gewöhnlichkeit von Standesverhältnissen herab. Das Wesentliche ist, seinem Zwecke getreu bleiben.
|